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Ekstase Teil 8

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Ihr lauft durch die Stadt, Hand in Hand. Macht Witze, neckt euch.
Ihr drei.
Du, Sophie und das ES.
Du kannst ES zwar nicht immer sehen, aber du spürst seine Anwesenheit, wie sein Blick auf euch beiden ruht.
Hin und wieder blitzt sein Gesicht zwischen den Passanten auf.
Dann lächelt es dir zu. Freudlos. Kalt. Wissend.
Und plötzlich bleibt sie stehen. Ihr Hand krallt sich in deine. Du siehst sie an, ihre Augen sind groß, die Pupillen winzig klein, der Mund leicht geöffnet. Sie keucht. Starrt geradeaus.
Zeichen von Überraschung. Sie zittert, das kannst du spüren.
Sie atmet immer schneller, immer keuchender. Das Zittern wird stärker.
Dann rollen ihr Tränen über das Gesicht. Dicke, salzige Tränen.
Du folgst ihrem Blick, siehst, was sie sieht.
Ein Typ, ein Kerl, ein Mann, nichts besonderes. In deinem Alter.
Einer von denen, die du direkt als Gewinner einstufst, als absolutes Arschloch, das alles bekommt, was es will. Einer von der Sorte, die dir das Gefühl geben, absolut minderwertig zu sein. Ohne dass du je mit ihm gesprochen hättest.
Die Worte des ES hallen in deinem Schädel wider.
Bringen dein Selbst zum klingen wie eine Glocke.
„Die Menschen, die einen am meisten schaden können, diejenigen, die uns zerbrechen können, sind die, die uns unsere eigenen Unzulänglichkeiten aufzeigen. Einfach indem sie da sind und du sie siehst. Weil du weißt, dass du so sein könntest wie sie. So leben könntest wie sie. Das haben könntest, was sie haben. Du fürchtest diese Menschen, weil sie dir zeigen, was du wärst, wenn du nicht so ein elender Versager wärst."
Normalerweise hättest du den Blick gesenkt, versucht, ihn zu ignorieren und wärst schnell an ihm vorbeigegangen.
Aber ihre Hand, um deine gekrallt, hält dich an Ort und Stelle. Ihre Nägel graben sich in die papierdünne Haut deiner Finger.
Dann lockert sich ihr Griff, sie wankt, lehnt sich an dich. Presst ihr Gesicht an deine Brust. Sie schluchzt.
Du fragst, was los ist.
Sie antwortet. Ihr Ex, war klar. Natürlich ist er ein Pisser.
Er hat sie geschlagen, gewürgt. Sagte, er wolle sie umbringen würde sie ihn je verlassen.
Letztlich hat er sie verlassen.
Das ist jetzt zwei Jahre her, schluchzt sie. Aber für sie ist es immer noch nicht vorbei. Ihr Therapeut kann ihr nicht helfen.
Jeder hat in seinem unmittelbaren Umfeld jemanden, der nicht ganz richtig tickt.
Du fragst, ob du ihn vertreiben sollst.
Dem ES würde das gefallen. Du kannst sein Gesicht vor dir sehen, zu einer hämischen Grimasse verzogen. Sadistische Freude in den Augen.
Du kannst ES verstehen. Auf eine verdrehte Art und Weise würde es auch dir gefallen, diesem Kerl weh zu tun.
Er hat sie verletzt. Deine Sophie! Deine Sophie...?
Du kannst es vor dir sehen, wie du an Fußgängern vorbei auf ihn zugehst. Er schaut dich verständnislos an, als du direkt vor ihm stehen bleibst. Ihn anlächelst. Ihm dann deine Stirn ins Gesicht donnerst. Ihm die Nase brichst. Dann ein Tritt in die Eier. Er krümmt sich. Mit dem Knie gegen die Schläfe.
Er fällt.
Du trittst ihn in die Seite, brichst seine Rippen. Dann hockst du dich auf seine Brust. Er stöhnt. Versucht hoch zu kommen. Du drischst ihm die Faust ins Gesicht.
Brichst ihm die Zähne raus...
„Mach dich nicht lächerlich!" Sie reißt dich aus deinen Gedanken. Hebt kurz ihr verquollenes Gesicht von deiner tränenfeuchten Brust. Ihre Augen sind rot, ihr Blick seltsam ernst. „Das könntest du nicht."
Dann lässt sie dich los.
Sagt, sie müsse jetzt gehen. Schaut dich nicht an.
Lässt dich stehen. Mit blutigen Streifen auf deiner Hand und einem dunklen Fleck auf deinem T-Shirt, in der Größe ihres Gesichts. Du kannst erkennen, wo ihre Augen gewesen waren, wo ihr Mund.
Der Typ, ihr Ex, ist verschwunden. Nicht, dass du wirklich nach ihm Ausschau halten würdest.
Das ES tritt an dich heran, legt dir eine Hand auf die Schulter.
„Es ist okay. Alles ist gut."
Du weißt nicht, was ES damit meint.

Ihr seid in deiner Wohnung.
Das ES und du. Ihr hockt in verschiedenen Zimmern. Eine brütende Stille umgibt euch.
Seit drei Tagen hat sie sich nicht gemeldet. Reagiert auf keinen deiner Anrufe. Beantwortet keine deiner Nachrichten.
ES hält sich bedeckt, bleibt im Schatten. Beobachtet dich aus den Augenwinkeln. Sein Blick unergründlich.
Ein Ton zerreißt die Stille. Erst jetzt wird dir bewusst, dass du stundenlang auf dem Bett gesessen hast, ohne dich zu rühren.
Dein Handy. Ihr Klingelton.
Alles in dir erbebt. Zieht sich zusammen. Kälte durchströmt dich.
ES geht auf dich zu.
Du gehst ran. Sagst: Hallo. Was ist los?
Ein Schritt.
Du holst tief Luft, als sie sagt, dass ihr reden müsst.
Zwei Schritte.
Schließt die Augen, als sie sagt, dass es so nicht weitergehen kann.
Drei Schritte.
Beißt die Zähne zusammen, als sie sagt, dass aus der Verliebtheit einfach nicht mehr geworden ist.
Ihr Ton ist flehend. Er sagt dir: Bitte, bitte, glaube mir.
Vier.
Du fragst: Du willst zu deinem Ex zurück, oder?
„Ja. Es..." Du legst auf.
Wirfst das Handy aufs Bett.
Stehst einfach da. Mitten im Zimmer. Mitten in dieser leeren Wohnung.
Fünf.
Dann packst du einen Stuhl, zertrümmerst ihn an der Wand.
Gibst keinen Ton von dir.
Du stehst immer noch im Zimmer, als die Sonne untergeht. Merkst nicht, wie die Tränen über dein Gesicht laufen.
Spürst nichts mehr. Bis auf den Schmerz.
Bist leer. Bis auf den Schmerz.
Das ES neben dir.
„Niemand kommt gegen einen Vaterkomplex an."
Teil 8
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